Author: Walter Müller
Verzweiflung
Ein 12/13jähriger Flüchtling klammert sich während fünf Stunden unter einen Reisebus. Im Dezember. Der Junge ist gleich alt wie mein Enkel.
Immigrant Tries to Enter Croatia Traveling Under Bus
A migrant aged between 12 and 13 was found on Wednesday under a passenger bus that traveled from Belgrade to Zagreb, and it was assumed that he spent five hours holding with his hands and feet on the axle of the vehicle.
Travellers who were travelling to Zagreb heard some banging at some point, causing them to warn the driver who stopped the vehicle and found a boy with soot-covered face and with bloody hands.
According to the testimony of the passengers, the boy was disoriented and in a huge shock and before the police took him over, the passengers bought him food and pizza at a gas station to recover a little bit from the fatigue and efforts. V.I.P-News 28.12.2017
Update 29.12.2017: Der Flüchtling ist ein 21jähriger Iraker, melden AFP und kroatische Medien später. Was der Tragik nur leicht die Spitze nimmt.
Der Balkan macht wieder Schlagzeilen. Eine unvollständige Übersicht
Sturmwarnung Balkan
Nirgendwo in Europa findet sich solch ein auch historisch gewachsener Hader und Hass.
der Standard, 20.2.2017
Schutz des Balkans vor Europa
Die Rede vom Balkan als Pulverfass ist falsch – Gefahr droht der Region von aussen.
NZZ, 18.2.2017
Pulverfass Europa – der Balkan die Lunte
Die Perspektive einer EU-Mitgliedschaft unterstützte jahrelang die demokratische Entwicklung der Staaten auf dem Westbalkan. Ohne sie könnten die Folgen für ganz Europa verheerend sein.
Deutsche Welle, 16.2.2017
More Work for the Balkan Map Makers?
The 1995 Dayton deal ended a boom time for Balkan mapmakers – but with ‘land swaps’ and frontiers once more up for discussion, they could find their services in demand again.
BIRN, 13.2.17
Russia Never Went Away from the Balkans
If the West now has to compete with Russia for influence in the Balkans, that might not be a bad thing.
BIRN, 8.2.2017
Kriegsgefahr und neue Grenzen auf dem Balkan
dpa, 8.2.2017
Redrawing Balkan Borders Would Shock Europe
BIRN, 23.1.2017
Multi-ethnic States Have Failed in the Balkans
BIRN, 16.2.2017
Balkan: Wo Europa am zerbrechlichsten ist
Es gehört zu den Lebenslügen der EU, zu glauben, der Balkan könne ihr nicht verloren gehen. Doch daran arbeiten gerade einige Länder. Europa macht es sich zu bequem.
DIE ZEIT, 2. 2.2017
WHY RESURGENT BALKAN POPULISM COULD PROVE MORE DANGEROUS THAN DONALD TRUMP
Populism in the region echoes that in the U.S. but weaker institutional safeguards risk great autocracy and corruption.
Newsweek, 27.1.2017
Westbalkan wendet sich von EU ab. Realpolitik statt Rechtsstaat
In jedem Land des Westbalkans herrschen autoritäre Politiker und korrupte Cliquen, sie wenden sich immer mehr von Demokratie und Rechtsstaat ab. Die EU braucht sie dennoch – stabile Partner sind wichtiger als Prinzipien.
Der Spiegel, 8.1.2017
Stirring up the Spectre of New Balkan Wars
The situation in the Balkans is far from rosy but the last thing the region needs is a bunch of so-called ‘experts’ fanning the flames of future conflicts.
BIRN, 30.1.2017
The Euro-Atlantic Project is Ending in the Balkans
As UK and America withdraw from the region, Europe’s ability to use ‘soft power’ to nudge the Balkans in the direction of liberal democracy will further decline, making instability more likely.
BIRN, 13.12.16
Propagandaschlacht auf dem Balkan: Russland hat die Nase vorn
dpa, 30.11.2016
Democracy Dream is Fading Away in Former Yugoslavia
The right to vote for any party they like has existed in former Yugoslavia for more than a quarter of a century, but genuine democracy remains a dream for many as the region remains split along ethnic lines and lags in sustainable economic development. In fact, that dream seems to be vanishing.
Bosnia Daily, 1.6.2016
The European Challenge to Liberal Democracy
From the Baltic to the Bosporus, governments have come to power which openly reject key components of liberal democracy and EU integration: Some play by democratic rules, but play the nationalist card, such as rehabilitate or relativizing the Nazi past, as in Croatia, or raise fear of a Muslim threat, as in Slovakia; some rule with authoritarian methods, but publicly stick to a reformist liberal agenda, as in Serbia and Montenegro, others use a mixture of both, such as Hungary, Turkey or Macedonia.
Bosnia Daily, 25.6.2016
Vucic: Wenn ein Autokrat träumt
Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vucic will Staatspräsident werden. Sein Wahlkampf-Video mit einfacher Botschaft begeistert die Anhänger. Die Opposition dagegen speit Spott und Hohn.
Der Plot: Vucic erwacht im Flugzeug aus einem «schlimmen Albtraum». Pilot und Co-Pilot stritten sich im Cockpit über die Flugrichtung und brachten die Maschine deshalb beinahe zum Absturz. Vucic, mit Blick in die Kamera: Staatspräsident und Ministerpräsident (Piloten) müssen denselben Kurs nehmen, damit Serbien (Flugzeug) sicher und komfortabel fliegen kann.
Vucic, der allmächtige Lenker, will sich zum Wohle Serbiens opfern. Der Stabilität und dem Wachstum des Landes zuliebe. Seine Worte. Die Wahl-Logik ist einfach: Nur Vucic schafft die Wahl bereits im ersten Wahlgang, sagen die Umfragen. Deshalb hat er seinen Ziehvater und jetzigen Staatspräsidenten Tomislav Nikolic kaltgestellt. Wohl hat dieser als Präsident eine traurige Figur gemacht, hätte aber gerne noch eine zweite Amtszeit angehängt, seinem Ego zuliebe. Die Frage ist nun, welche Funktionen Nikolic als Abgangsentschädigung zugeschanzt bekommt.
Vucic zierte sich monatelang mit dem Entscheid, zu kandidieren oder nicht. Kaum hatte ihn seine Partei jedoch nominiert, eine Formsache, hat seine Fortschrittspartei SNS bereits die Wahlvideos hochgeladen. Teure Produktionen, die Vorlaufzeit benötigen. (Schnell wurde im Internet bekannt, dass dieselbe ausländische PR-Firma gleichgestrickte Wahl-Videos in der Ukraine und Slowakei vermarktet hat.) Vucic wusste also längst, dass er Staatspräsident werden will, mit einer Marionette als Regierungs-Chefin, oder -Chef.
Vucic hat allerdings noch nicht bekannt gemacht, wann die Präsidentschaftswahlen stattfinden sollen. Irgendwann im April. Passen muss sie nur in seinen persönlichen Terminkalender.
Serbien: Lotterie gegen die Schattenwirtschaft
Das serbische Finanzministerium will Serbiens Bevölkerung spielerisch aus der Schattenwirtschaft holen. Das Volk soll dazu erzogen werden, nicht mehr unter der Hand einzukaufen – auf dem Schwarzmarkt – sondern nur noch gegen Quittung/Kassenzettel, dessen Betrag dann auch versteuert wird.
«Nimm den Kassenzettel und gewinne», heisst das Spiel. Dauer: Februar – März 2017. Die Spielregeln: Vorgedruckte Kuverts bei einer serbischen Poststelle abholen, maximal drei Stück pro Mal, mit mindestens 10 Kassenzetteln aus dem Jahr 2017 füllen, Mindestbetrag pro Quittung 100 Dinar. Dazu Name, Adresse und Telefonnummer. Wer dieses Kuvert mit 23 Dinar frankiert und an die serbische Post abschickt, nimmt an der Lotterie teil. Wer mit Kreditkarte zahlt und die Karten-Quittungen separat einschickt, hat bessere Gewinnchancen.
Der Hauptpreis sind sechs Wohnungen in Belgrad, dann Autos, Reisen und Haushaltgeräte. Wann und wie die Ziehung stattfinden soll ist (noch) nicht bekannt
Im Kampf um mehr Steuereinnahmen ist der serbischen Regierung jedes Mittel recht. Ende 2015 machte die Schattenwirtschaft 30 Prozent des Bruttosozialproduktes aus. Dem Staatsbudget gehen täglich acht Millionen Euro verloren. (Quelle: National Alliance for Local Economic Development NALED.)
Vor allem Rentnerinnen und Rentner stehen auf den Postämtern Schlange für die Kuverts, obwohl die Gewinnchancen minimal sind. Bis Mitte Februar hat die serbische Post über zweieinhalb Millionen Kuverts ausgegeben. (Einwohner: 7,1 Millionen.) Etlichen Poststellen ist der Nachschub ausgegangen.
Absurde Konsequenz: Ganz Schlaue horten Kuverts und verkaufen sie auf der Strasse zu 100 Dinar pro Stück (CHF 0.85). Und auf ebay sowie in sozialen Medien werden erfolgreich Kassenzettel versteigert.
In Serbien lebt jede vierte Person an der Armutsschwelle, Korruption ist allgegenwärtig und zehntausende Rentner müssen mit 120 Euro pro Monat durchkommen. Da wirkt selbst eine Lotterie mit Kassenzetteln als Strohhalm.
(Update 21.2.2017)